Nürtingen - Die Lebensbedingungen in den Wohncontainern sind so nicht tragbar.“ Dieses Fazit zieht die Flüchtlingshilfe K 4, zwei Wochen nachdem der Landkreis Esslingen in Nürtingen auf dem Parkplatz der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule Asylbewerber aus elf Nationen untergebracht hat. Die Liste der Mängel ist lang. Die Ehrenamtlichen werfen dem Landkreis und der Stadt Versäumnisse vor und fordern ein entschlossenes Handeln in der Kanalstraße 4.

60 Flüchtlinge – die Zahl wird sich in Kürze auf 120 verdoppeln – teilen sich derzeit acht Kochplatten, in den Küchen gibt es praktisch keine Arbeitsflächen. Die einzelnen Mietcontainer bieten rund 15 Quadratmeter Fläche. In einem wohnt zum Beispiel eine vierköpfige Familie aus dem Iran mit zwei Kindern. Im Inneren ist der Raum durch Kondenswasser feucht. Zusätzliche Nässe entsteht aber auch noch durch die Wäsche, die in den Containern aufgehängt werden muss. Denn im Freien trocknet die Kleidung bei Regen schlicht nicht. Trockner und Waschmaschinen sind bisher Fehlanzeige. Die Asylbewerber waschen ihre Kleidung in Zehnliter-Eimern. Die Sanitär-Container sind trockenen Fußes nicht zu erreichen, da es keine Überdachung gibt. Vor allem Kinder hätten sich nach dem Duschen bereits erkältet, beklagen die Ehrenamtlichen.

Platzmangel lässt das Adrenalin steigen

Immerhin ist gestern ein Doppelcontainer aufgestellt worden, der als Aufenthaltsraum dienen soll. Doch reiche der Platz bei weitem nicht aus, kritisiert die Initiative K 4. Die Flüchtlingshilfe möchte den Asylbewerbern etwa beim Deutschlernen, bei Arztbesuchen und Behördengängen unter die Arme greifen, sieht sich aber durch Infrastrukturmängel im Containerdorf ausgebremst.

Beispiel Hausaufgabenhilfe: die Einschulung von 26 Kindern steht bevor, doch für eine Betreuung mangelt es an Platz. „Die Schulkarrieren sind zum Scheitern verurteilt, wenn sich nicht grundlegend etwas ändert“, warnt die Beauftragte für Flüchtlingsfragen im evangelischen Kirchenbezirk, Ragini Wahl. Wenn Angehörige verschiedenster Kulturen auf engstem Raum leben, birgt das Zündstoff. „Hier werden Aggressionen hausgemacht.“

Landkreis bittet um Zeit und um Verständnis

In der Initiative arbeiten derzeit 28 Männer und Frauen mit, um den Flüchtlingen ein eigenverantwortliches Leben hier zu ermöglichen. Deren psychosoziale Betreuung obliegt der Arbeiterwohlfahrt. Alexandra Mack von der Awo muss sich derzeit um das Wohl von insgesamt 180 Flüchtlingen kümmern. „Es ist hier nicht optimal, das lässt sich nicht leugnen“, sagt sie. Die Awo bemühe sich jedoch um zusätzliches Personal. Die Initiative K 4 sieht sich indessen vom Landkreis und der Stadt mit den Problemen alleine gelassen. „Ich sehe mehr Gleichgültigkeit als Verantwortung“, sagt Ragini Wahl. Wie ihre Mitstreiterin, wünscht auch sie sich Rückendeckung durch den Gemeinderat und den Oberbürgermeister Otmar Heirich. Den Vorwurf fehlender Unterstützung kommentiert der Landkreissprecher Peter Keck nicht. Er verweist auf die sprunghaft angestiegene Zahl von Asylbewerbern und den Druck, unter dem der Landkreis stehe. „Wir wissen um die Problematik und suchen nach Lösungen. Dafür brauchen wir aber auch Zeit“, so Keck.